Art Brunch im Bad #40: AllySous les pavés la plage: résistance artistique?
Politische Aspekte in der Gegenwartskunst bewegen sich innerhalb zweier künstlerischer Traditionen. Die Aktionskunst der 60er Jahre hinterfragte explizit – ob im Happening oder in der Performance – den Kunstbetrieb, gesellschaftliche Konventionen, politische Systeme und die Kunst per se. In den 60er Jahren, einer Zeit in welcher sich zahlreiche politische Bewegungen formierten – fand zugleich eine vermehrte Politisierung der Künste statt. Ein zweiter wesentlicher Ausgangspunkt ist die transformierende Kraft der Kunst. So stehen Werke in diesem Kontext in der Tradition der „Situationistischen Internationale.“ Der Künstler und Revolutionär Guy Debord, die zentrale Figur der Situationisten, formulierte mit seinem 1957 in Paris erschienen „Rapport zur Konstruktion von Situationen“ eine radikale Gesellschaftskritik. Diese prägte nicht nur politisierte Formen der Medienkunst seit den 70er Jahren maßgeblich, sondern beeinflusste auch die politische Linke – speziell im Umfeld des Pariser Mai 1968. Wie Werner Fenz in einem 2015 konzipierten Ausstellungsprojekt im Rahmen der Lehrveranstaltung „Kunst im politischen Diskurs“ feststellte, treten seit dem 20. Jahrhundert Künstlerinnen und Künstler vermehrt an gesellschaftspolitische Diskurse heran und versuchen, mit den Mitteln der Kunst als Werkzeuge gesellschaftlich prekäre Themen aufzugreifen. Wie der zeitgenössische Künstler Thomas Hirschhorn einmal sagte, Zitat: „Ich will keine Kunst machen, die befrieden will. Ich will behaupten, und ich will, dass sich meine Arbeit im Chaos behauptet. Ich will mich selbst autorisieren, Form zu geben in mitten des Chaos der Welt.
Der Art Brunch im Bad präsentiert dieses Mal eine sehr junge Position der Grazer Kunstszene: Ally. So wie sie kuratorisch, kunsthistorisch und künstlerisch arbeitet, wird auch der Art Brunch in drei miteinander verknüpfte Elemente geteilt: Es geht einerseits um eine Ausstellung von Ally, die für den Art Brunch entwickelt wird, andererseits um eine Vorstellung der kuratorischen Praxis von Ally und dem von ihr 2015 mitbegründeten contemporary collective graz und um einen (kunst)theoretischen Talk mit Präsentation über künstlerische Strategien im Kontext politischer Kunstformen. Zur Ausstellung: In vielen übereinander aufgebauten Schichten aus Zeitungspapier und Farbe, entstehen intuitiv Acryl-Gemälde (oder Objekte), die auf konzeptueller Ebene auf verschiedene Themen referieren. Es handelt sich um Kunst, welche die Grenzen zwischen Collage, Malerei und Objekt auflöst. Neben aktuellen Zeitungsartikeln, Werbeanzeigen von Magazinen aus den 60er Jahren, kunsthistorischen Referenzen, wissenschaftlichen Artikeln, künstlerischen Fotografien, Verweisen auf popkulturelle Phänomene und Naturmaterialien wie Blätter, begegnen uns auch immer wieder literarische Zitate. In der Verbindung des Materials innerhalb der Struktur und Oberfläche der Collage, liegt auch eine Anspielung auf eine Art der Verwobenheit von allen Dingen. So wie sich nach Bruno Latour erst in der Verwobenheit von Natur und Kultur das Handlungsvermögen der Welt ergibt.
Ally (AT) ist Künstlerin, Kunsthistorikerin und Kuratorin, die seit 2014 eigene Projekte im Kunst- und Kulturbereich realisiert. 1992 geboren; Studium der Kunstgeschichte bei Werner Fenz und Sabine Flach. Momentan Doktorat zum Thema Kunst und Ritual: Positionen der Gegenwart. Primär im Medium der Malerei tätig, aber auch installative Überlegungen spielen eine Rolle. Ihre Gemälde/Objekte könnten als collagierte, intuitive Malerei beschrieben werden, denn sie wachsen Schicht um Schicht aus den verschiedensten Materialien. Es handelt sich um Kunst, welche die Grenzen zwischen Collage, Malerei und Objekt auflöst. https://allyueberdasmeer.tumblr.com/
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